Dienstzeugnis: Recht auf ein objektives und positives Zeugnis ohne unzulässige Werturteile

Ein Dienstzeugnis oder Arbeitszeugnis spielt eine zentrale Rolle im Arbeitsrecht. Es soll den Arbeitnehmer bei der Suche nach einer neuen Stelle unterstützen und muss daher sowohl objektiv als auch vollständig sein. Ein aktuelles Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) befasst sich mit der Frage, wann ein Dienstzeugnis unzulässige Werturteile enthält und gegen das Erschwerungsverbot verstößt.

Grundsätze für ein Dienstzeugnis im Arbeitsrecht

Arbeitnehmer haben bei Beendigung ihres Dienstverhältnisses Anspruch auf ein Dienstzeugnis. Dieses muss die Dauer und Art der Beschäftigung vollständig und wahrheitsgemäß wiedergeben. Die Formulierung bleibt dem Arbeitgeber überlassen, darf jedoch keine Hinweise enthalten, die die berufliche Zukunft des Arbeitnehmers erschweren könnten. Nach § 39 Angestelltengesetz (AngG) und § 1163 ABGB ist ein einfaches Dienstzeugnis ohne Werturteile ausreichend.

Verstoß gegen das Erschwerungsverbot: Ein Werturteil als versteckte Kritik

Im verhandelten Fall enthielt das Dienstzeugnis die Formulierung, dass der Arbeitnehmer „alle ihm übertragenen Aufgaben zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt habe. Diese Formulierung stufte der OGH als problematisch ein, da in der Praxis oft die Wendung „zur vollsten Zufriedenheit“ verwendet wird, obwohl sie sprachlich nicht korrekt ist. Die geringfügig schwächere Formulierung könnte als versteckte Kritik interpretiert werden und den Bewerbungsprozess für den Arbeitnehmer erschweren.

Die Gerichte entschieden daher, dass die Formulierung „zur vollen Zufriedenheit“ als unzulässige Abwertung des Arbeitnehmers gilt und gegen das Erschwerungsverbot verstößt. Arbeitgeber müssen Formulierungen wählen, die positiv sind oder die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses neutral beschreiben.

Wahrheitspflicht: Ein Dienstzeugnis muss objektiv korrekt sein

Neben dem Erschwerungsverbot unterliegt ein Dienstzeugnis der Pflicht zur Wahrheit. Im vorliegenden Fall war der Arbeitnehmer wegen mehrfacher Dienstpflichtverletzungen fristlos entlassen worden. Dennoch vermerkte der Arbeitgeber im Dienstzeugnis, dass die Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erledigt wurden. Dies entsprach nicht den Tatsachen, da die Entlassung wegen beharrlicher Pflichtverletzungen ausgesprochen wurde.

Der OGH entschied, dass das Dienstzeugnis in diesem Fall gegen die Wahrheitspflicht verstößt und daher unzulässig ist. Bei einer berechtigten Entlassung besteht nur Anspruch auf ein einfaches Dienstzeugnis ohne Werturteile.

Konsequenzen für die Praxis: Ein objektives und neutrales Dienstzeugnis

Arbeitgeber müssen darauf achten, im Dienstzeugnis keine verdeckten negativen Hinweise zu geben, die die Bewerbungschancen des ehemaligen Arbeitnehmers beeinträchtigen könnten. Das Erschwerungsverbot untersagt Formulierungen, die eine versteckte Kritik darstellen oder Hinweise auf Fehlverhalten enthalten.

Gleichzeitig ist die Wahrheitspflicht von höchster Bedeutung. Ein Gefälligkeitszeugnis, das nicht der tatsächlichen Arbeitsleistung entspricht, ist ebenso unzulässig. Arbeitgeber sollten daher im Zweifel ein einfaches, neutrales Dienstzeugnis ohne Werturteile ausstellen, um den rechtlichen Anforderungen zu entsprechen.

Die richtige Balance im Dienstzeugnis

Die Entscheidung des OGH verdeutlicht, dass Dienstzeugnisse im Arbeitsrecht sorgfältig formuliert werden müssen. Arbeitgeber sind verpflichtet, ein wahrheitsgemäßes und erschwerungsfreies Zeugnis auszustellen. Ein Dienstzeugnis sollte vollständig und objektiv sein, ohne dabei die berufliche Zukunft des Arbeitnehmers negativ zu beeinflussen. Im Zweifel empfiehlt sich die Ausstellung eines einfachen Zeugnisses, das sich auf die Dauer und Art des Arbeitsverhältnisses beschränkt.

 

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